Zweisprachigkeit als natürliche Hilfe für autistische Kinder

  • Heute bin ich auf den Artikel gestoßen und habe mich auf die Suche nach der Studie gemacht.



    Gehirntraining:
    Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler 103 autistische Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren, von denen 43 zweisprachig waren. “Um die tatsächlichen Auswirkungen der Zweisprachigkeit auf ihre sozio-kommunikativen Fähigkeiten zu beobachten, gruppierten wir sie nach Alter, Geschlecht und der Intensität ihrer autistischen Störung”, erklärt Eleni Peristeri, Forscherin an der medizinischen Fakultät der Universität Thessalien und Mitautorin der Studie.


    Die Kinder mussten verschiedene Aufgaben lösen, um ihre Fähigkeiten im Bereich der Theory of Mind und der Exekutivfunktionen zu beweisen. Dabei erreichten die zweisprachigen Kinder durchweg höhere Punktzahlen als ihre einsprachigen Altersgenossen. “Bei Aufgaben zur Theory of Mind, also der Fähigkeit, das Verhalten einer anderen Person zu verstehen, indem man sich in sie hineinversetzt, gaben die zweisprachigen Kinder 76% richtige Antworten, verglichen mit 57% bei den einsprachigen Kindern”, sagt die griechische Forscherin. Dasselbe zeigte sich bei den Exekutivfunktionen. Hier war Punktzahl für korrekte Antworten bei den zweisprachigen Kindern doppelt so hoch wie bei den einsprachigen.


    “Die Zweisprachigkeit verlangt vom Kind, dass es zunächst an Fähigkeiten arbeitet, die direkt mit der Theory of Mind zusammenhängen, d.h. es muss sich ständig mit dem Wissen anderer beschäftigen: Spricht mein Gesprächspartner Griechisch oder Albanisch?”, erläutert Eleni Peristeri den großen Unterschied der Ergebnisse. “In welcher Sprache soll ich mit ihm oder ihr sprechen? In einer zweiten Phase nutzt das Kind dann seine exekutiven Funktionen, indem es seine Aufmerksamkeit auf eine Sprache richtet, während es die zweite hemmt.” Das sei echtes Gehirntraining, das sich genau auf die Defizite auswirke, die mit der autistischen Störung verbunden sind. “Aus unseren Auswertungen geht klar hervor, dass Zweisprachigkeit für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen sehr vorteilhaft ist”, freut sich Stéphanie Durrleman.



    Bessere Fähigkeiten trotz sozioökonomischer Benachteiligung
    Im Rahmen der Studie wurde auch der sozioökonomische Hintergrund der Kinder erfasst, um sicherzustellen, dass dieser bei den Ergebnissen keine Rolle spielte. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass die zweisprachigen Kinder meist in einem niedrigeren sozioökonomischen Umfeld lebten als die einsprachigen. “Wir können also bestätigen, dass sich bei Bilingualen Vorteile in der Theory of Mind und den exekutiven Funktionen zeigen, auch wenn eine sozioökonomische Benachteiligung vorliegt”, sagt der Durrlemann.


    Diese Erkenntnisse seien wichtig für die Betreuung von Kindern, bei denen Autismus diagnostiziert wurde, betont die Schweizer Forscherin. “Da diese neurologische Entwicklungsstörung häufig den Spracherwerb beeinträchtigt, neigen zweisprachige Familien dazu, den Gebrauch einer der beiden Sprachen aufzugeben, um den Lernprozess nicht zu verschlimmern”, sagt sie. “Es ist jetzt jedoch klar, dass Zweisprachigkeit autistische Kinder keineswegs in Schwierigkeiten bringt, sondern im Gegenteil diesen Kindern helfen kann, verschiedene Aspekte ihrer Störung zu überwinden, und als eine Art natürliche Therapie dient.”



    Quelle:


    https://innovationorigins.com/de/zweis…-fuer-autistische-kinder/


    Studie:


    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34008896/

  • Kann ich mir vorstellen, die Stichprobe ist zwar arg klein, aber die Schlüsse hören sich logisch an.


    Da kommt noch ein zweiter Punkt dazu: Auffälligkeiten der Sprechweise werden vom unbefangenen Zuhörer womöglich auf die Zweisprachigkeit geschoben und nicht auf "zu doof zum Sprechen" oder was sonst die Reaktionen sein mögen. Mein Neffe hat zumindest im Deutschen (in der zweiten Muttersprache weiß ich es nicht) eine auffällige Sprachmelodie, als einziger Diagnostizierter oder Verdachtsfall in der Familie. Da haben wir früher immer gedacht, dass es die fehlende Übung wäre - jetzt wissen wir es besser, zumal er seine Schulzeit auf einer deutschen Auslandsschule verbracht hat, wo sich das längst hätte abschleifen müssen.

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