Autismus: Krankheit?

  • Hallo zusammen.


    Ist für euch Autismus eine Krankheit?

    Wenn ja wieso resp. wieso nicht?


    Grund für die Frage ist ein niederländischer Post bei Insta indem eine autistische Person sagt, das Autismus für sie keine Krankheit ist.

    Autismus ist sie, ein Leben lang, nicht heilbar usw. usf.


    Sehr ihr das auch so? Habt ihr Argumente die das weiter stützen oder dagegen sprechen?

  • Gefühlt keine Krankheit. Aber warum?

    Ich denke, weil es eine dauerhafte, mehr oder weniger gleichbleibende Einschränkung ist. Also mehr wie meine Kurzsichtigkeit, nur gravierender, weil es dafür keine Brille gibt. Kurzsichtigkeit würde ich auch nie als Krankheit bezeichnen, ist auch ererbt und eben dauerhaft. Oder Bein ab nach Unfall. Ist auch keine Krankheit, aber eine dauerhafte Einschränkung.

    Bein ab und AS sind für mich aber Behinderungen, weil nicht durch Hilfsmittel auszugleichen, Kurzsichtigkeit nicht, weil die Brille sie komplett ausgleicht (abgesehen davon könnte man sie mittlerweile sogar per Laser "heilen", was mir aber kein Bedürfnis ist - ich habe ja die Brille).

  • Für mich ist Autismus keine Krankheit, da er nicht geheilt werden kann und dauerhaft besteht. Für mich ist Autismus eine Behinderung, da er mich im Alltag behindert und mir die Teilhabe am "normalen" Leben erschwert.

  • Für mich ist Autismus keine Krankheit, da er nicht geheilt werden kann und dauerhaft besteht. Für mich ist Autismus eine Behinderung, da er mich im Alltag behindert und mir die Teilhabe am "normalen" Leben erschwert.

    Kann ich so unterschreiben.


    Ich habe aber kein Problem danit wenn jemand Krankheit sagt. Das ist eben Umgangssprache. Es gibt ja auch unheilbare Krankheiten.


    Gibt ja Leute, die dann austicken. "Er hat Jehova gesagt!!!"

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Wenn euch Autismus behindert: Wie ist dann eure Wahrnehmung?
    Denkt ihr "euer" Autismus ist das oder denkt ihr, dass es die Leute, Einrichtungen, Gebäude/Architektur etc. ist/sind? Oder was ganz anderes?

  • Denkt ihr "euer" Autismus ist das oder denkt ihr, dass es die Leute, Einrichtungen, Gebäude/Architektur etc. ist/sind?

    Beides

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Ohne den Autismus hätte ich viele Probleme nicht. Würde aber die "normale" Welt anders funktionieren wären manche meiner Probleme nicht so schlimm.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Wenn euch Autismus behindert: Wie ist dann eure Wahrnehmung?
    Denkt ihr "euer" Autismus ist das oder denkt ihr, dass es die Leute, Einrichtungen, Gebäude/Architektur etc. ist/sind? Oder was ganz anderes?

    Überwiegend mein Autismus. Mich behindert er durch die hohe Reizempfindlichkeit, die schnelle Überforderung, die Probleme im sozialen Bereich und einiges mehr ziemlich stark. Beim Drumherum schränken mich eigentlich nur andere Menschen ein, die mehr von mir erwarten, als ich leisten kann (wie z. B. früher das Jobcenter). Dadurch, dass ich mittlerweile meine Nische im Leben gefunden hab und ich mehr oder weniger immer mit denselben Menschen Kontakt hab und die mittlerweile wissen, was bei mir geht und was nicht, gibt's da eigentlich auch nur selten mal Probleme.

    Touch not the cat bot the glove

  • Ginome OK. Ich belasse es dabei.


    Highlander Danke. Ah, okay. Bei den Reizen würde ich eher das "Außen" als mich behindernd ausweisen. Mein Autismus ist ja nicht der aktive Part und hat das nicht in der Hand, der reagiert nur darauf, was im Außen passiert. Daher sehe ich eher Einkaufsläden in der Verantwortung als mich im Versuch gegen Windmühlen zu kämpfen (denn das wäre es nach meinem Empfinden: unnütze Anstrengung mich da durchzuquälen, obwohl die Läden es anders machen könnten). Stille Stunde in Nachbarländern ist schon mal ein guter Anfang, leider zu selten, wie ich finde. Ich kann bspw. nur wenig einkaufen, muss daher öfter (jeden Tag). Aber es ist ein Anfang.

  • Behindern würden andere Menschen mich nur, wenn die das absichtlich/böswillig machen würden, was aber ja nicht der Fall ist. Sie machen das ja im für sie völlig normalen Rahmen. Für sie ist die Musik nicht zu laut und die Musik lenkt sie auch nicht ab. Die ist halt nur für uns zu laut und lenkt nur uns ab. Weil wir da eben durch unsere überempfindlichen Sinne und unsere schnelle Überforderung behindert werden.

    Touch not the cat bot the glove

  • Bei den Reizen würde ich eher das "Außen" als mich behindernd ausweisen.

    Gerade das ist aber ursächlich im Autismus. Natürlich kann es von Aussen gelindert werden. Die Behinderung selbst geht davon aber nicht weg. Richtwert ist halt immer die "Norm". Normale Menschen juckt das halt eben nicht.

    Ich kann auch nicht verlangen, dass die Menschen sich gefälligst nicht mehr zu parfümieren haben oder das die Industrie Parfüm grundsätzlich wegzulassen hat damit niemand quasi aus Versehen mir Probleme bereitet.

    Das Problem bin eindeutig ich, bzw mein Autismus. Allerdings kann es durch Entgegenkommen gelindert werden.


    In erster Linie behindert also der Autismus, in zweiter Linie die Gesellschaft.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Behindern würden andere Menschen mich nur, wenn die das absichtlich/böswillig machen würden, was aber ja nicht der Fall ist. Sie machen das ja im für sie völlig normalen Rahmen. Für sie ist die Musik nicht zu laut und die Musik lenkt sie auch nicht ab. Die ist halt nur für uns zu laut und lenkt nur uns ab. Weil wir da eben durch unsere überempfindlichen Sinne und unsere schnelle Überforderung behindert werden.

    Gerade das ist aber ursächlich im Autismus. Natürlich kann es von Aussen gelindert werden. Die Behinderung selbst geht davon aber nicht weg. Richtwert ist halt immer die "Norm". Normale Menschen juckt das halt eben nicht.

    Ich kann auch nicht verlangen, dass die Menschen sich gefälligst nicht mehr zu parfümieren haben oder das die Industrie Parfüm grundsätzlich wegzulassen hat damit niemand quasi aus Versehen mir Probleme bereitet.

    Das Problem bin eindeutig ich, bzw mein Autismus. Allerdings kann es durch Entgegenkommen gelindert werden.


    In erster Linie behindert also der Autismus, in zweiter Linie die Gesellschaft.

    So sehe ich es auch, zumal ich wenig Probleme mit der Reizempfindlichkeit habe. Meine Probleme liegen v.a. im sozialen Bereich - als ich noch nichts von AS wusste, habe ich mich selbst auch schon mal als "Sozialkrüppel" bezeichnet. Und das kommt nur von innen, nicht von der Gesellschaft.

  • wenn die das absichtlich/böswillig machen würden

    Es ist bekannt. Daher machen sie es schon absichtlich. Genauso wie es bei körperlichen Behinderungen bekannt ist, dass man mit einem Rollstuhl die Treppen nicht hinaufkommt. So ist ja auch bekannt, nicht nur bezogen auf Autisten, dass die Lautstärke zu laut sein kann, das visuelle zu viel ist, die Orientierung ausbaufähig. Das ist alles seit Jahrzehnten bekannt. Insofern steckt schon eine Absicht dahinter.

    In erster Linie behindert also der Autismus, in zweiter Linie die Gesellschaft.

    Ich kann das verstehen, ist aber nicht meine Denke.

    Das Problem bin eindeutig ich, bzw mein Autismus.

    Ich sehe weder mich noch den Autismus als Problem.

    Und das kommt nur von innen, nicht von der Gesellschaft.

    Ich würde das "nur" streichen. Mich unwohl zu fühlen weil ich übergewichtig bin und dass ich mich selbst beschimpfe, kommt ja auch nicht nur durch mich, sondern durch den Druck von Außen. Wenn NTs sozial besser gestellt sein würden, wäre es für sie ein leichtes sich auf u.a. Autisten besser einzustellen und dich (und andere) weniger leiden zu lassen.

  • Ich sehe mich auch in erster Linie durch meinen Autismus behindert und nicht durch die Gesellschaft. Es ist schliesslich nicht die Schuld der Gesellschaft, dass ich so empfindlich bin und nicht so funktioniere wie "normale" Menschen. Die Gesellschaft richtet sich letzten Endes immer daran aus, wie es für die Mehrheit der Menschen am besten ist, denn nur so kann es funktionieren. Die Gesellschaft kann unmöglich auf jeden einzelnen Menschen Rücksicht nehmen. Würde sie das tun, müsste es z.B. gleichzeitig für Autisten leise und für Schwerhörige laut sein. Doch wie sollte das funktionieren?

  • Das ist alles seit Jahrzehnten bekannt. Insofern steckt schon eine Absicht dahinter.

    Damit unterstellst Du eine bewusste Entscheidung, Dinge zu tun, damit andere Menschen leiden. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Es ist eher eine passiv egoistische Haltung - also die Leute machen sich keine Gedanken darum, welche Folgen ihr Handeln für andere hat. Das kann man in vielen Situationen beobachten, nicht nur in diesem engen Kontext.


    Nun ja, Musik im Supermarkt hat zudem werbetaktische Gründe. Leute haben festgestellt, dass mehr gekauft wird, wenn eine bestimmte Art Musik nebenbei läuft. Die meisten Menschen fühlen sich durch die Musik nicht gestört. Die Besitzer der Supermärkte steigern ihren Profit. Da ist es doch egal, ob 1% der Menschen das Leben erschwert wird. Aber die Musik wird nicht eingespielt, damit es den 1% Menschen so richtig dreckig geht, sondern hat einen anderen Zweck. Kollateralschäden wäre das richtige Wort dafür.

  • Würde sie das tun, müsste es z.B. gleichzeitig für Autisten leise und für Schwerhörige laut sein. Doch wie sollte das funktionieren?

    Ich meinte das auch nicht mit absoluten Beispielen. Aber um den Gedanken weiter zu spinnen:
    Autisten -> Stille Stunde (z.B.)

    Schwerhörige -> "normale" Lautstärke plus Hörgeräte (beides vorhanden)


    Ich denke nicht, dass die Mehrheit aus Autisten besteht, dennoch denke ich, dass die Dunkelziffer größer ist als die aktuellen Zahlen (sofern es welche gibt).



    Es ist schliesslich nicht die Schuld der Gesellschaft, dass ich so empfindlich bin und nicht so funktioniere wie "normale" Menschen.

    Das nicht. Aber: Sie wäre schuld, würde sie es aktiv zulassen und nicht mehr tun.

    Genauso wie sich Politik und Gesellschaft wahrscheinlich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass es eine gravierende architektonische Benachteiligung für körperlich-behinderte gibt. Das ist kein Geheimnis und speziell in kleineren Ortschaften gut zu erkennen.


    Ich gebe auch niemanden für meinen Autismus die Schuld. Ich lasse die komplette Schuld nur nicht bei mir, sondern teile diese auf.

  • Ich lasse die komplette Schuld nur nicht bei mir, sondern teile diese auf

    Das dürfte ein wesentlicher Unterschied Deiner und meiner Sichtweise sein: ich sehe für meine Beeinträchtigungen weder bei mir noch bei der Gesellschaft Schuld. Sie sind halt da, und es liegt an mir, sie entweder selbst zu minimieren oder meiner Umwelt mitzuteilen, was sie dazu beitragen kann.

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