Ich habe soeben mal die verlinkte Leitlinie vom 2016 überflogen. Mein oberflächlicher Eindruck (zu einer genauen Analyse fehlt mir die Zeit): es sieht sehr trüb aus, was den Stand der Forschung betrifft. Vermutlich, weil zu wenig Geld dafür zur Verfügung steht. Es herrscht Konsens darin, dass die Diagnoseinstrumente verbessert werden müssen, aber zu einem Screening wird sich zurückhaltend geäußert, weil das zu viele falsch positive oder falsch negative Ergebnisse provozieren könnte. Andererseits werden die vorhandenen Diagnoseinstrumente als zu wenig valide beurteilt und die wenigsten von ihnen empfohlen. Worauf basiert denn dann die Diagnostik überhaupt? Was wird getan, um die Datenlage zu verbessern?
Spontan stellte sich mir die Frage, wie sie die Datenlage zur Verbesserung der Diagnoseinstrumente verbessern möchten, wenn sie Screenings nicht empfehlen und folglich also weiter auf Menschen warten, die eine Diagnose von sich aus nachfragen. Das sieht mir nach einem Deadlock aus.
In dem Artikel wird bemängelt, dass die Diagnosestellen überrannt werden. Als Grund wird genannt, dass sie von zu vielen Menschen angefragt werden, die sich eine ASS- Diagnose wünschen. Nach dem Lesen des Leitfadens scheint mir der Grund für die Überlastung aber eher ein finanzielles Problem zu sein: es gibt zu wenige Stellen, man müsste mehr finanzieren. Vor diesem Hintergrund ist Blaming von Menschen, die Hilfe suchen zumindest zu hinterfragen.
Also Artikel und Leitlinien zusammen überfordern mein mathematisch logisch geschultes Gehirn - zu viele Dissonanzen.
Fazit: es müsste mehr Geld in die Hand genommen werden. Danach kann man Menschen blamen, die einer Diagose "hinterherrennen". Der Leidensdruck scheint sowohl bei den Diagnosestellen groß zu sein, weil sie wahrscheinlich verzweifeln daran, dass sie der Nachfrage kaum gerecht werden können, als auch bei den Menschen, die jahrelang auf einen Termin warten müssen. Was ich aber in solchen Artikeln wie diesem immer nur lese ist: die Menschen, die nach einer Diagnose lechzen, sind Schuld an der Misere. So wird sich die Lage jedenfalls nicht verbessern lassen.
Ich hoffe, dass dies jetzt nicht der Auftakt zu der leidigen Diskussion um "echte" Autisten wird!
Ja, das hoffe ich auch.