Beiträge von Shellfish

    Heroin ist an sich ein relativ harmloses Rauschgift. Es wurde früher (bis ins frühe 20. Jahrhundert) sogar als Arzneimittel vertrieben, unter dem

    Namen Laudanum.

    Wirklich gefährlich am illegalen Heroin sind die Streckmittel und Verunreinigungen sowie der unsichere Wirkstoffgehalt in dem Stoff, den die Drogendealer auf der Straße verkaufen.


    Laudanum war "normales" Morphium. Aber auch da hat man recht schnell gemerkt wie verheerend es wird wenn man es zu lange einsetzt. Im Krieg wurde es sehr häufig benutzt und anschließend hatte man Unmengen Abhängige. Ganz besonders wohl im amerikanischen Bürgerkrieg war das ein Riesenproblem, bzw auch danach durch die Sucht der Betroffenen.

    Auch Opiate (Tramal, Tilidin etc.) werden gerne zur Langzeitmedikation eingesetzt. Die sind aber niedriger Potent als Morphium.

    Harmlos ist das aber alles nicht.

    Ergänzung zum Opiatthema:

    In den USA gibt es auch heute ein massives Problem mit Abhängigkeitsentwicklung nach der Verschreibung von Opiaten als Schmerzmittel (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/…n_den_Vereinigten_Staaten). Opiate haben ein so massives Suchtpotential, dass ich es absolut fahrlässig fände, sie für den Freizeitkonsum freizugeben.

    Dass der massive körperliche Verfall, den man an Heroinabhängigen beobachten kann, vor allem auf die Streckmittel zurückzuführen ist, habe ich aber auch gelesen. Unter anderem deshalb finde ich die Substitutionsprogramme sinnvoll.



    Bei der Sicherheit psychoaktiver Stoffe sollte man meiner Ansicht nach drei Punkte unterscheiden: Suchtpotential, Auswirkung auf das Verhalten und körperliche Auswirkungen.


    - Verschiedene Stoffe sind unterschiedlich stark suchterzeugend. Opiate sind da ganz übel. Nikotin ist allerdings auch nicht ohne - wirkt sich aber kaum auf das Verhalten aus. Rein körperlich ist Cannabis nicht oder kaum suchterzeugend. Durch den "Mischkonsum" mit Tabak kann das Suchtpotential steigen, wie ich gelesen habe, wobei es dann vermutlich ursächlich eher am Nikotin liegt (?). Man kann Cannabisprodukte aber auch ganz ohne Tabak zu sich nehmen.


    - Vom Verhalten her problematisch sind vor allem Stoffe, die enthemmen und/oder aufputschen, da Konsumenten potentiell aggressiv agieren. Kokain, aber auch Alkohol sind da Kandidaten. Für aggressives Verhalten macht Cannabis aber viel zu träge. Ein Problem sehe ich darin, dass man bei starkem Konsum nicht genug Antrieb hat, die Schwierigkeiten des Lebens zu meistern, es können z.B. Ausbildung oder Job darunter leiden. Die Volkswirtschaft wird dadurch aber wohl eher nicht zusammenbrechen, in einigen Bundesstaaten der USA ist Cannabis ja seit einer Weile legalisiert, ohne dass das passiert ist.


    - Intensiver Cannabiskonsum kann sich negativ auf das Gehirn auswirken, besonders bei Heranwachsenden (ähnliches ist allerdings bei Alkohol der Fall). Eine Hoffnung bei der Legalisierung ist ja aber, dass Jugendliche weniger leicht als heutzutage an Cannabis kommen, wenn der Schwarzmarkt "ausgetrocknet" wird, wobei man es nicht ganz verhindern können wird, wie auch beim Alkohol.




    Cannabis und Fahrtüchtigkeit:

    Völlig bekifft hat man nachgewiesenermaßen eine längere Reaktionszeit. Aber meines Wissens nach wird Cannabis am Steuer schon viel restriktiver behandelt als Alkohol am Steuer.


    Beispielsweise wurde einem Freund von mir vor ein paar Jahren wegen Cannabiskonsums der Führerschein entzogen. Seiner Aussage nach ist er aber gar nicht unter Cannabiseinfluss gefahren, sondern es wurden Abbauprodukte bei ihm festgestellt, die noch Tage bis Wochen nach dem Konsum nachweisbar sind. Eine Vor-Ort-Bestimmung des Berauschungsgrads, wie beim Alkohol, oder eine Bestimmung der Fahrtüchtigkeit / des Reaktionsvermögens wäre da ganz hilfreich. Andererseits wäre es ja ganz gut für's Klima, wenn weniger Leute Autofahren, weil sie kürzlich gekifft haben. ;)

    Prof. Dr. Dose

    Ist das der richtige Artikel, zu dem du das geschrieben hast? Ich bekomme hier ein Interview mit Prof. Dr. Christine Falter-Wagner angezeigt. Ich lese bei ihr auch nichts von kategorisch geforderten Zeitzeugnissen, nur "liegen sowohl situationsübergreifend als auch lebensspannenübergreifend ab der frühen Kindheit vor".


    Bei meiner Diagnostik in einer Spezialambulanz wurden neben der Befragung meiner Mutter (die aber schon sehr alt war und selbst verzerrte, zum Teil definitiv fehlende Erinnerungen hatte) auch meine eigenen Kindheitserinnerungen miteinbezogen. Grundschulzeugnisse wurden dagegen gar nicht angefordert. Ich habe versucht, altes Videomaterial aus meiner frühen Kindheit zu beschaffen, das hat aber nicht geklappt. Das wäre bestimmt am aufschlussreichsten gewesen.


    Ich finde es nicht richtig, wenn den Erinnerungen der Ratsuchenden keine Relevanz zugesprochen wird. Weitere Quellen halte ich trotzdem für sinnvoll, auch, damit man nicht immer selber zweifeln muss. Letztenendlich geht es um Wahrscheinlichkeiten und definitive Beweise gibt es leider nicht in einem Bereich, in dem standardisierte Interviews, Verhaltensbeobachtung und Fragebögen vermeintlich "harte" Fakten liefern sollen. Man ist ja noch nicht so weit, dass Hirnscans viel Aussagekraft hätten oder andere gute Biomarker gefunden wären.


    Ohne Beweise diesbezüglich darf keine Autismusdiagnose gestellt werden.

    Ich denke, Beweise ist hier vielleicht nicht ganz der richtige Begriff, denn echte Beweise sind im Bereich der Psychologie/Psychiatrie/kognitiven Funktionen ja auch in der Gegenwart schwer zu beschaffen. Nachweise (dass da was war, was in Richtung Autismus deutet) oder, noch schwächer, Hinweise auf eine autistische Störung bereits aus der frühen Kindheit wäre meines Erachtens treffender.

    Wochenendgroßeinkauf

    Das habe ich früher notgedrungen gemacht und würde es heute auch nicht mehr schaffen. Meine Lösung beinhaltet:

    • Zeiten finden, in denen es ruhig ist, dazu gehört für mich:
      • Nur in absoluten Notfällen am Wochenende, und dann möglichst früh
      • Abwägen zwischen Zeiten, in denen wenig Kunden im Laden sind und Zeiten, in denen durch Regaleeinräumen Hektik verbreitet wird.
      • Läden mit Musik-/Werbebeschallung wenn möglich komplett meiden. Wenn nicht vermeidbar, dann mal direkt zur Ladenöffnung testen: Bei "meinem" Rewe wird die Musikanlage erst etwas später eingeschaltet (Nachteil: Regale z.T. noch nicht aufgefüllt und hektische Regaleauffüller in den Gängen unterwegs).
    • strukturierter Einkaufszettel (nach Abteilungen im Laden sortiert) + immer die selbe Filiale -> weniger Stress im Laden.
    • Wenn ich doch etwas suchen muss (z.B. weil im Laden umgeräumt wurde) und merke, dass das Stressniveau deutlich steigt, ggf. Prioritäten setzen: Nur das absolut Wichtigste mitnehmen, Rest verschieben. Gesundheit geht vor.
    • Auch die Anfahrt berücksichtigen, kurze Wege mit wenig Verkehr bevorzugen. Bei zu langer Anfahrt Verzicht oder liefern lassen.

    Ich denke aber, es ist nicht bei jedem gleich, was einen stresst. Eine Begleitung beispielsweise würde mich noch zusätzlich stressen, das scheint bei dir anders zu sein. Im Prinzip muss man die Störfaktoren für sich persönlich identifizieren und sich seine eigenen Workarounds suchen.


    Naja, nur ein einziger Laden wird einfach schwierig wegen meiner vielen Einschränkungen beim Essen. Aber vielleicht lässt es sich straffen.

    Wenn es nur mit mehreren Läden geht: Einkäufe auf mehrere Tage verteilen. Heißt öfter einkaufen müssen, aber jede Einkaufs-"Portion" ist kleiner und damit besser handhabbar. Ich plane z.B. momentan mit einem Einkauf alle zwei Tage, möglichst nur ein, maximal zwei Läden, sonst habe ich gesundheitliche Rückschläge zu erwarten. Das geht gerade so mit einer vierköpfigen Familie inkl. eines dauerhungrigen Teenies. Eine Zeitlang hat jeden Tag, aber dafür nur ein übersichtlicher Einkauf in einem Laden gut funktioniert - wieder so eine Abwägungssache zwischen zwei Übeln (Rausgehen müssen / größeren Einkauf bewältigen).

    Auch sonst kann niemand den Einkauf übernehmen.

    Falls es euer Geldbeutel erlaubt, könntet ihr über eine Haushaltshilfe nachdenken, die dir/euch ein paar Einkäufe abnehmen kann. Abgesehen von den Lieferdiensten der Supermärkte gibt es zumindest hier in der Großstadt auch einige neue Dienstleister, die Lebensmittel für einen einkaufen und liefern, z.B. Gorillas, und Amazon fresh (auch wenn man die schlechten Arbeitsbedingungen dort nicht unbedingt unterstützen möchte, aber im Notfall?).

    Besagt die Studie wirklich das Männer mit Autismus mehr Testosteron haben?

    Nein, das geht nicht daraus hervor.

    Geht es nicht um ein Zusammenspiel von Testosteron und bestimmten Genen?

    Und damit verbunden die Aussage das Autismus Aufgrund des höheren Testosteronspiegels bei Männern häufiger sei als bei Frauen, die einen niedrigeren Testosteronspiegel haben?

    Ja, und vor allem während der frühen Entwicklungsphasen des Gehirns, bereits im Mutterleib. Zu dem Zeitpunkt wird der Hormonspiegel soweit es mir bekannt ist auch durch die Produktion durch die Mutter, vor allem in der Plazenta, beeinflusst.


    Hier ist noch ein Artikel, der sich auf eine neuere Veröffentlichung von Simon Baron-Cohen bezieht, in der zur Abwechslung mal der Östrogenspiegel im Mutterleib Untersuchungsgegenstand war -> dieser war auch erhöht bei autistischen Jungen: https://www.scinexx.de/news/me…liche-oestrogen-schwemme/

    Da der Ofen noch heiß war vom Brotbacken und ich die uralte Pommes-Frites-Presse meiner Mutter schon lange mal auf Funktionstüchtigkeit testen wollte, gab es heute Backofengemüse mit Olivenöl:

    Kartoffelstreifen und Kürbisstreifen vom Mini-Kürbis aus dem eigenen Garten

    Ich bin überrascht wieviel Belletristik hier gelesen wird.


    Auf meinem Esstisch liegt aktuell "Kapital und Ideologie" von Thomas Piketty. "Das Kapital im 21. Jahrhundert" hatte ich davor. Und auch alle anderen Bücher sind sachlich-faktisch.

    Guckst du dir auch nur sachlich-faktische Serien/Filme an?


    Handlungen in Büchern verstehe ich oft sogar besser als in Filmen - ich denke, weil einiges an Gedanken, Gefühlen, Motivation der Protagonisten explizit herausgearbeitet wird, wohingegen es der Konsument in Filmen unter anderem aus Gestik und Mimik herauslesen soll (was mir mittlerweile aber leichter fällt als noch vor Jahren). Interessant wird eine Handlung für mich dadurch, wenn ich irgendeine Parallele zu meinen eigenen Lebenserfahrungen ziehen kann. Ich bevorzuge Buchreihen ebenso wie Serien, da man nach der anfänglichen anstrengenderen Phase des Sich-Reindenkens mehr Zeit zum Genießen hat.

    Als ich vier war, haben wir unsere erste Katze bekommen, und seitdem bin ich großer Fan. Wir hatten ziemlich bald auch ein dickes Buch mit allen möglichen Informationen über die Haltung, Vererbung, Verhalten, alles mögliche, in dem ich immer wieder gerne geschmökert habe (bzw. anfangs nur die Bilder angeguckt). Garfield-Comics waren dann auch noch ein großer Hit, wir müssen so zehn Bände gehabt haben. Ich wäre gerne selbst Katze gewesen, sah nach einem entspannten Leben aus. Ich mag an ihnen besonders, dass sie eine Bindung zu einem aufbauen, aber trotzdem unabhängig bleiben, das kommt mir entgegen. Im Moment bin ich katzenlos, und das ist ok, aber irgendwann hätte ich gerne wieder einen solchen felligen Mitbewohner.


    Meine zweite "große Tierliebe", die Pinguine, habe ich ca. in der 1. Klasse entdeckt. Ich hätte zu gerne auch einen Pinguin zu Hause im Kühlschrank gehalten, wie in einem der Kinderbücher, die ich gelesen habe. Den großen Kuschelpinguin von damals, mein Lieblingskuscheltier, habe ich als einziges meiner Kuscheltiere aufgehoben (inzwischen aber an meine Kinder vererbt), und bei Zoobesuchen ist das Pinguingehege für mich immer noch ein Highlight. Was ich an ihnen mag, kann ich gar nicht so genau sagen. Bei Kaiserpinguinen finde ich die Art der Brutpflege ziemlich cool, der Vater hockt ewig mit dem Ei auf den Füßen, wird immer dünner und dünner, dann kommt die Mutter vom Fischen und übernimmt, später gibt es richtige kleine Pinguinkindergärten mit den etwas größeren Jungvögeln, so etwas fand ich in Naturfilmen toll zu beobachten. Die vielfältige Art und Weise sich fortzubewegen finde ich bei ihnen auch faszinierend anzusehen, von langsam und scheinbar unbeholfen watschelnd auf dem Eis über ziemlich flott schlitternd auch dem Bauch über das Eis rutschen bis hin zu pfeilschnellem Schwimmen im Wasser.


    Ganz cool finde ich auch die Eichhörnchen, die ich seit Kurzem beim Flitzen durch den Garten beobachten kann, aber zu meinen Lieblingstieren würde ich sie nicht direkt zählen.


    Also: Katzen und Pinguine.

    Zur Fleischzubereitung kann ich leider nicht so viel beitragen, da ich mit Rindfleisch auch nicht so gut zurechtkomme (wird bei mir oft zäh). Ich finde Geflügel einfacher, aber das magst du ja nicht und es enthält auch weniger Eisen.


    Ich kann nur sagen, dass es mir bei erhöhtem Verbrauch (starke Regelblutung, Schwangerschaft) nicht möglich war, meinen Eisenspiegel nennenswert über die Ernährung und Eisentabletten zu erhöhen. Falls du durch eine starke Regelblutung viel Eisen verlieren solltest, reicht die erhöhte Zufuhr evt. nur zum Halten des Spiegels. In dem Fall würde ich einen Gynäkologen hinzuziehen.

    Ich vermute mal die bisherige Flexitarische Ernährung und Supplementierung reicht bei mir nicht, da ich 2-3x eine Magenschleimhautentzündung habe. Mein Hausarzt vermutet helicobacter, wir sind dem aber nie nachgegangen.

    Ich denke, dass es spätestens jetzt mit deinen auch durch Supplementierung schwer auszugleichenden Mängeln schon sinnvoll wäre, dem nachzugehen, da eine Helicobacterbesiedlung des Magens mit ein Grund für deinen B12-Mangel sein könnte bzw. dafür, dass die Supplementierung mit Tabletten nicht gut funktioniert (da die Aufnahme im Magen-Darm-Trakt dadurch gestört ist).

    Im Gegenteil sogar. Im Durchschnitt leben hochfunktionale Autisten 16 Jahre weniger als Nichtautisten. Und das liegt unter anderem an dem extrem höherem Risiko des Suizids. (Und natürlich auch an der meistens recht ungesunden Lebensweise und dem Dauerstress.)

    Aber auch nur bei Kindern ist die Sterblichkeit erhöht. Sehr viele begehen schon extrem früh Suizidversuche.

    Ja, das muss ich wohl verdrängt haben. :( Dabei ging es mir ja als Kind selbst ähnlich (keine Suizidversuche, aber entsprechende Gedanken).

    Tipp für andere Interessierte: Bei 2:17 ungefähr ist der Vorspann mit dem nervigen Hintergrundgedudel vorbei.


    Ich fand den Podcast sehr interessant!


    Was er über das Gruppentherapiemanual erzählt, klingt ziemlich gut (besonders das mit der Komplexitätsreduktion bzgl. sozialer Interaktionen). Ich bin im Rahmen einer Studie für eine FASTER-Gruppe angemeldet und hoffe, dass es für mich hilfreich sein wird. Aber die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Programmen unterschiedlicher Standorte (FASTER / MATE / DATE / GATE) sind mir nicht ganz klar.

    Ich teile diese Einschätzung auch nicht. HCS hat ja hier bereits die Triebkraft der Evolution auf den Punkt gebracht:

    Die einzige "Fähigkeit" die einen evolutiven Vorteil darstellt, ist die, mehr überlenden Nachwuchs in die Welt zu setzen als andere Individuen.

    Damit künftige Generationen zunehmend autistischer werden, müssten also die Träger autistischer Merkmale prozentual mehr Kinder in die Welt setzen, oder alternativ müssten deren Kinder höhere Überlebenschancen haben als die von Nichtautisten. Der überlebende Nachwuchs müsste sich auch wieder erfolgreich fortpflanzen und so weiter und so fort.


    Korrigiert mich, wenn ich etwas überlesen habe, aber ich sehe bisher keinerlei Argumente für eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit von Kindern von Autisten, die würde ich als mehr oder weniger gleich einschätzen.


    Bei der Reproduktionsrate wiederum wirkt Autismus alles andere als förderlich, wie mehrfach ausgeführt. Und selbst wenn haufenweise Nichtautist:innen auf die Idee kämen, es wäre total super, mit sozial unbeholfenen Nerds haufenweise Kinder in die Welt zu setzen (unwahrscheinlich), greift die Bremse spätestens beim Nachwuchs mit stärker ausgeprägter Autismussymptomatik. Bei der Weitergabe der Autismusgene steigt nach meinem Kenntnisstand nicht nur die Wahrscheinlichkeit für Nachkommen mit hochfunktionalem Autismus, sondern auch mit "klassischem" Kannerautismus, und deren Reproduktionschancen gehen quasi gegen Null.


    Auch wenn ich den Gedanken / das Gefühl nicht völlig abwegig finde, wegen des Autismus einer anderen Spezies anzugehören (wrong species statt wrong planet), halte ich es unterm Strich für extrem unwahrscheinlich, dass sich autistische Merkmale unter den heutigen Bedingungen wesentlich stärker verbreiten werden, als sie es momentan sind, wegen der beschriebenen damit verbundenen Nachteile.

    (Anmerkung: Das Verfassen dieser Antwort hat sich mit den letzten beiden Beiträgen überschnitten)

    Da die Reaktionen allesamt an meinen Aussagen vorbei argumentieren, oder sogar das bekräftigen, was ich sage, aber im Ton des Widerspruchs, sehe ich ein, dass es keinen Sinn macht, meine Hypothese weiter zu erläutern.

    Ich denke nicht, dass alles, was du eingangs geschrieben hast, falsch ist. Ich denke auch nicht, dass alle Antwortenden allen deiner Argumente widersprechen wollten. Gerade der meiner Ansicht nach sehr differenzierte Text von Kayt (und schön geschrieben, Chapeau!) greift doch einige positive Aspekte heraus. Vielleicht nochmal sacken lassen?


    Auf einen Punkt daraus würde ich gerne kurz (ups :/ ) eingehen:

    Ich bin keine (Evolutions-)Biologin. Ich glaube aber, dass es sinnvoll ist, anzunehmen, dass eine Spezies über einen langen Zeitraum besonders erfolgreich existieren kann, wenn sie möglichst viele Nischen besetzen und sich anpassen kann. Ich sehe die Menschheit als eine solche Spezies an. „Neurotypie“ sehe ich als menschliches neuronales Default-Programm.

    Ich bin auch nicht spezialisiert auf Evolutionsbiologie, mit meinem lebenswissenschaftlichen Background halte ich die These aber für plausibel. Vor dem Hintergrund könnte man folgendes spekulieren (und hier schlage ich den Bogen zurück zu deinem Eingangsbeitrag, Vitaminzwerg )


    Die Zunahme an Bedarf für technisch versierte Arbeitnehmer insbesondere in der IT hat zu einem Gehaltszuwachs in der Branche geführt, der schon an sich einen evolutionären Vorteil bei der Partnerwahl darstellt (sehr gute Chancen, eine Familie zu ernähren -> attraktiver). Dazu kam es meiner Einschätzung nach wodurch auch immer zu einer zumindest teilweisen Imageverbesserung für den Typus "Nerd"/"Geek", was wiederum die Chancen bei der Partnerwahl und damit auf Fortpflanzung erhöht.


    Unter der Annahme, dass ein gewisses Maß an "autistischen Gene" für die Art Denken notwendig sind, die man für solche technischen Berufe braucht (wofür unter anderem Temple Grandin und Simon Baron-Cohen argumentieren), könnte der Zuwachs an Autismusdiagnosen zum Teil auch dadurch begründet sein, dass es einen echten Zuwachs an autistischen Individuen gibt, bedingt durch die erhöhten Chancen auf Fortpflanzung für Träger solcher Gene.


    Ein paar Wenns und Annahmen, aber so könnte man es als evolutionäre Entwicklung sehen. Aber: Evolution ist nicht geradlinig und verfolgt kein Ziel. Es kann im Prinzip mehrere Evolutionsrichtungen gleichzeitig geben ("Homo Sapiens 2.a-z"). Das entspräche dem Besetzen verschiedener Nischen, vom dem Kayt schrieb, oder aber sich ergänzenden Spezialisierungen, einer Art Aufgabenteilung, die der Population insgesamt zugutekommt. Den Typus des Selbstdarstellers und Blenders beispielsweise, der eine vermutlich völlig entgegengestetzte genetische Ausstattung hat mit sehr ausgeprägten Fähigkeiten, sich in sozialen Gefügen durchzusetzen, schätze ich evolutionär immer noch "auf dem aufsteigenden Ast", mit viel größeren Fortpflanzungschancen als den typischen Nerd. Der wird sehr wahrscheinlich (meine persönliche Einschätzung) nicht so schnell verdrängt werden. Eine allein aus Selbstdarstellern bestehende Population wäre aber mit ziemlicher Sicherheit auch ziemlich schnell ausgestorben. ;)


    Als zweiter Punkt, der meiner Ansicht nach gegen eine dauerhafte Evolutionsrichtung in Richtung "mehr Autismusgene" spricht: Was temporär ein evolutionärer Vorteil ist, muss es nicht langfristig in jedem Fall bleiben, wenn sich die Bedingungen ändern. Was ich von meinem Mann aus seiner Arbeit in der Webentwicklung mitbekomme, wird mittlerweile auch in der IT immer mehr Flexibilität und auch kommunikatives Können gefordert, Dinge, die Autisten in der Regel schwerer fallen. Was bisher eine große und evolutionär günstige, da lukrative, berufliche Nische für Autisten war, kann also auch wieder kleiner werden, wenn sich die Arbeitsbedingungen ändern. Genauso in der Wissenschaft, die von Attwood noch als so etwas wie ideale Nische für hochfunktionale Autisten gepriesen wurde, meiner Erfahrung nach aber zusätzlich zu den fachlichen Fähigkeiten ebenfalls wesentlich höhere soziale und verbal-kommunikative Fähigkeiten erfodert, um sich dort dauerhaft zu etablieren, als es anno dazumal der Fall gewesen sein mochte.


    Das waren meine zugegebenmaßen etwas abgeklärt-deprimierten 2 cents. Ich hoffe dennoch, dass meine Kinder aus den ihnen mitgegebenen Genen das Beste machen und ihre persönliche Nische finden, ob sie ihre Gene nun weitergeben werden oder auch nicht. <3

    Ferienzeit, Lesezeit:

    Ben Aaronovitch, "Die Füchse von Hampstead Heath" (Fantasykrimi, Flüsse-von-London-Reihe)

    Terry Pratchett, "Steife Prise" (Fantasy, Scheibenweltreihe)

    Benedict Jacka, "Das Labyrinth von London" (auch Fantasy)

    next:

    Terry Pratchett, "Große Worte" (Kurzgeschichten)


    ... und das alles zum So-gut-wie-Nulltarif aus der Onleihe :)

    Das ist vorsätzlich. Mir schmeckt das, und es ist einfach gemacht (ich laufe gerade im Energiesparmodus).


    Heute isst aber die Familie mit, da gibt es was anderes: Couscous-Salat mit Tomaten, Gurken und Frühlingszwiebeln.