Autismus-Spektrum-Störung: „Eine Therapie ist nicht automatisch indiziert“

  • Das weiss ich nicht. Ich habe auch keinen Diagnostiker gefragt.

    Nun, ich weiß es aus meiner Diagnostik.

    Ein Problem ist, dass etliche Autisten, die erst als Erwachsene diagnostiziert werden, so viele Enttäuschungen und Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen erlebt haben, dass sie für sich zu dem Ergebnis kommen, mit Menschen nichts mehr zu tun haben zu wollen. In der Diagnostik wird dies aber nicht immer deutlich, wenn nur die üblichen 2 oder auch 4 Stunden für ein Gespräch zur Verfügung stehen.

    Es fällt vielen auch nicht leicht, unter dem Druck der Diagnostik alles differenziert darzustellen, immer vorausgesetzt, sie sind sich der Gründe für die Ablehnung überhaupt bewusst. Viele von uns neigen dazu, Meinungen und Einstellungen sehr brüsk und kategorisch kund zu tun. Und dann steht da einfach nur: „kein Interesse an Kontakten oder Menschen“ oder „lehnt Menschen ab“.

    Darüberhinaus gibt es noch jede Menge andere Gründe und vermeintliche Anzeichen einer schizoiden PS, die aber tatsächlich keinen Autismus ausschließen, sondern in Reaktionen auf weitere Lebensumstände begründet sind und die zum Autismus hinzukommen.


    Es ist leider häufig in der praktischen Diagnostik nicht so eindeutig, wie es in der Theorie aussieht und dann z.T. in den Blogs oder Foren dargestellt wird. Ich habe schon so viele „lustige“ einfache Unterscheidungskriterien ASS/schizoide PS gelesen, dass ich mich gefragt habe, wozu es überhaupt der Diagnostiker bedarf, wenn es doch so simpel ist. Zwei oder drei Fragen zu Kontaktinteresse und sexuellen Vorlieben und fertig ist die Diagnose <*Sarkasmus*>. So einfach ist es eben nicht.

    Und manchmal ist es tatsächlich so komplex, dass aus meiner Sicht und Erfahrung die recht kurze Zeit, die den ambulanten Diagnostikzentren für den einzelnen Klienten zur Verfügung steht, nicht genügt, um zu einem sicheren Ergebnis zu kommen.

  • Ist schon etwas her, dass hier geschrieben wurde, ich weiß.


    Dennoch wollte ich einen Gedanken dalassen:


    Aus autistischen Kindern werden nun mal Erwachsene und die jetzigen Erwachsenen hatten als Kinder nicht die diagnostischen Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stehen.


    Dennoch brauchen die ja Hilfe. Rein vom Prozentsatz her müssen ja einige undiagnostizierte Autisten da sein.


    Wie sollen sie Hilfe bekommen, wenn ihnen die Diagnose nicht möglich ist aufgrund mangelnder Dokumentation in der Kindheit?

  • Wie sollen sie Hilfe bekommen, wenn ihnen die Diagnose nicht möglich ist aufgrund mangelnder Dokumentation in der Kindheit?

    Dafür gibt es Tests.

    Es ist durchaus möglich Autismus zu diagnostizieren ohne Dokumente, wenn die Person die diagnostiziert, erfahren ist bzw geschult.

    Verschiedene Testinstrumente, diagnostische Interviews usw.

    Am Ende kann man schon Diagnosen stellen wenn eine Person sich denn zur Diagnostik vorstellt.

  • Wie sollen sie Hilfe bekommen, wenn ihnen die Diagnose nicht möglich ist aufgrund mangelnder Dokumentation in der Kindheit?

    Hilfe kann man auch ohne Autismusdiagnose bekommen. Die Einschränkungen sind maßgebend, nicht der Name dafür.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Ach naja :/

    Ich habe schon seit Jahrzehnten Hilfen. Die Autismusdiagnose bekam ich erst in 2010.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Ich glaube es kommt sehr darauf an wo man wohnt.

    In unserem Umfeld gibt es sehr wenig bis keine Unterstützung.

    Ob Diagnostik, Therapie oder Pflege.

    Gefühlt ist zu wenig Personal vorhanden.

    Oft fehlt auch das Wissen.

    Da hilft ein gutes Netzwerk und das man sich untereinander unterstützt.

  • Ich hatte Sorge, dass man dann durch unpassende Diagnosen nicht passende Hilfsangebote bekommt.


    ZB wenn man statt Autismus Borderline diagnostiziert bekommt, dann könnten die Therapieversuche echt blöd sein.

  • Ich dachte auch eher an Betreutes Wohnen oder ähnliches, also konkrete Hilfen.


    Bei Autismus kann man sowieso nur therapieren damit besser umgehen zu lernen. Das machen, wenn überhaupt, nur die Autismuszentren. Normale Psychotherapie gibt es nur für die Komorbiditäten.

    Da ist dann aber das Problem, dass 99% aller Therapeuten sofort ablehnen wenn sie nur das Wort Autismus hören.

    Man hat es also mit Autismusdiagnose schwerer eine Therapie zu bekommen. Es ist sogar schwerer einen behandelnden Arzt zu finden. Auch die lehnen in der Regel ab.


    Ich habe jetzt das große Glück eine junge Psychologin gefunden zu haben, die nicht gleich abgewunken hat. Vorher habe ich aber 10 Jahre gesucht und das im Umkreis von 50 km. Und ich suchte wegen Depression, Stressbewältigung und Essstörung. Die Erwähnung von "Autismus" sorgte bei fast allen für eine sofortige Absage. Bei zweien nach dem Erstgespräch. Die haben vermutlich vorher nicht zugehört / gelesen gehabt.

    Ich habe auch keinen Psychiater mehr seit mein alter in Rente gegangen ist. Sind jetzt auch 4 Jahre. Überall nur Absagen.

    Ich war Gott sei Dank noch sehr lange in Freiburg angebunden. Mein dortiger Arzt aber ist vor 3 Jahren in die Schweiz gegangen.


    Ich habe also eher die Erfahrung gemacht, dass das Label "Autismus" eine riesige Hürde darstellt um Therapien (für andere Sachen) zu bekommen.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • ZB wenn man statt Autismus Borderline diagnostiziert bekommt, dann könnten die Therapieversuche echt blöd sein.


    In einer Stelle für Autismus bin ich mir sicher,dass der Autismus trotz Persönlichkeitsstörung hochgeholt werden kann, wenn beides vorliegen sollte.


    Und das was Ginome schreibt kenne ich auch.

    Therapeuten finden ist schwer bei Autismus.

  • Auch wenn die Diskussion hier in eine andere Richtung gegangen ist...


    Zimt hat auf folgenden Aspekt hingewiesen:


    Ein Diagnose Kriterium für Autismus ist, dass die Symptome seit der Kindheit bestehen müssen.


    Und das Problem bleibt bestehen, auch bei erfahrenen Diagnostikern:

    Was ist, wenn keiner Zeugnis darüber ablegen kann wie man in der Kindheit war?

  • Ein Diagnose Kriterium für Autismus ist, dass die Symptome seit der Kindheit bestehen müssen.


    Und das Problem bleibt bestehen, auch bei erfahrenen Diagnostikern:

    Was ist, wenn keiner Zeugnis darüber ablegen kann wie man in der Kindheit war?

    Das ist richtig, allerdings Fremdanamnese bzw nur ein Teil soweit ich weiß.

    Da kommt ja einiges zusammen.

    Nimmt man die Kindheitsjahre und lässt Tests wie ADOS usw weg, samt dem Wirken des Patienten und allen Kriterien sonst, wird ja niemand eine Diagnose stellen, nur weil in der Kindheit etwas auffällig war.

    Die Auffälligkeiten kommen ja am Ende zu einem Ergebnis.

    Es gibt grundsätzlich keine Störung oder sonst was, wo jedes Kriterium für eine Diagnose vorhanden ist oder auf Anschlag steht .

    Sondern zusammengefasst müssen Dinge erfüllt sein, was dann beurteilt wird soviel ich weiß.

  • Was ist, wenn keiner Zeugnis darüber ablegen kann wie man in der Kindheit war?

    Laut Leitlinien darf dann keine Autismusdiagnose gestellt werden.

    Es gibt aber Ärzte die das trotzdem tun.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Laut Leitlinien darf dann keine Autismusdiagnose gestellt werden.

    Es gibt aber Ärzte die das trotzdem tun.

    Eben, lt. Leitfaden ist das so....


    Und das es Ärzte mal tun und mal nicht, liegt eben im Ermessen des einzelnen Arztes.


    Das ist doch kein haltbarer Zustand.

    Es müsste vielmehr nach irgendeinem anderen Verfahren oder anderen Kriterien entschieden werden.


    Der Leitfaden ist eben auch mangelhaft.


    Nochmal: Was ist, wenn niemand mehr da ist, der Zeugnis ablegen kann über die Kindheit....

    Und was ist mit den Erinnerungen der Zeugen und deren Verzerrungen usw.

    Wie glaubhaft sind diese denn...


    Limax hatte damals schon die passende Idee: Diagnoseausschlussverfahren.

    Wenn keine andere Diagnose passt und sonst den Autismus Diagnosekriterien entsprechende Untersuchungsergebnisse vorliegen, muß halt die Diagnose Autismus gestellt werden, auch wenn niemand über die Kindheit aussagen kann.


    Aber das ist halt sehr kostenintensiv.

  • Der Leitfaden ist eben auch mangelhaft.

    Das sehe ich nicht so. :/


    Es ist halt ein Unterschied ob es Autismus ist oder "autistische Züge". Für die Krankenkasse ist das übrigens auch ein Unterschied. Bei Autismus sind sie "raus", bei autistischen Zügen nicht.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe. Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Es geht hier doch nicht um autistische Züge...


    Es geht doch nur um diesen einen Punkt des Leitfadens...


    Nochmal...was ist wenn es keine Kindheitszeitzeugen gibt?


    Zitat von Ginome

    Für die Krankenkasse ist das übrigens auch ein Unterschied. Bei Autismus sind sie "raus", bei autistischen Zügen nicht.

    wie meist Du das...die Krankenkassen sind bei Autismus "raus"?

    2 Mal editiert, zuletzt von Zazie () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Zazie mit diesem Beitrag zusammengefügt.



  • Nochmal...was ist wenn es keine Kindheitszeitzeugen gibt?


    Ach das meinst du.


    Ich weiß auch nur, es haben schon Menschen von der selben Stelle obwohl vieles oder wohl eigentlich alles theoretisch gepasst hat samt Kindheitszeugen keinen Autismus diagnostiziert bekommen.

    Und in selber Ambulanz Menschen ohne Kindheitszeugen haben dennoch eine Diagnose erhalten.


    Das ist doch kein haltbarer Zustand.

    Es müsste vielmehr nach irgendeinem anderen Verfahren oder anderen Kriterien entschieden werden.


    Der Leitfaden ist eben auch mangelhaft.

    Vielleicht liegt es auch einfach oft mehr am jeweiligen Patienten?

    Der Arzt also die Diagnose ohne Zeugen trotzdem vergibt und für sich absichert und beim anderen passt rein theoretisch jedes Kriterium und der gleiche Arzt vergibt die Diagnose nicht weil für ihn trotzdem etwas nicht passt? (diese Fälle gibt es ja auch)


    Mir ist bei mir schon sehr oft aufgefallen das mir durch den Autismus vieles entgeht an anderen Menschen.

    Deswegen spekuliere ich da dass die auch noch viel um die theoretischen Kriterien drum herum auf die Person an sich schauen (was sich mir vielleicht selbst nicht erschließt durch den Autismus)

    Das ist aber von mir jetzt nur spekulativ in den Raum geworfen und keine Antwort oder Aussage.


    Da sich mir meiner Meinung nach oft vieles nicht zu erschließen scheint,mache ich mir über solche diagnostischen Verfahren nicht mehr wirklich so die Gedanken.

    Bin da also auch nicht so fit.

  • Ich denke mir das so:


    Wir haben diesen Prozentsatz an undiagnostizierte Erwachsenen, von denen ein Teil schon ernste Probleme bekommt, zB durch dauerndes Masking.


    Die einen bekommen Depressionen, die anderen werden vielleicht Alkoholiker, wieder andere bekommen irgendwas anderes.


    Nun werden davon einige versuchen, irgendwo Hilfe zu bekommen.


    Okay, Antidepressiva vielleicht, eine Entzugsklinik, diesdas.

    Oder sie sitzen vielleicht da und bekommen eine Therapie gegen Borderline, manche gehen zur Psychotherapie... Manchen wird vielleicht noch ADHS bescheinigt. Aber es ist irgendwie noch nicht so der Durchbruch.


    Weil Autismus ja vollkommen ausgeschlossen ist, da keine Zeugnisse aus der Kindheit, aber der Autismus ist ja trotzdem da und ein Teil von ihnen.


    Wie kommen die dann darauf, was für sie die richtigen Hilfen sind?

    Dass sie nicht verkehrt sind? Dass es noch mehr Menschen wie sie gibt?


    Da fällt ein großer Teil von Menschen einfach durchs Netz.


    Darum bin ich sehr dafür, dass man die Leitlinie etwas überarbeitet. Natürlich muss man genau schauen, aber ich finde, es würde sich lohnen.

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