Wie erkläre ich es meiner Familie?

  • Mein erstes Thema und ich hoffe ich habe es richtig zugeordnet? Sodass es in diese Rubrik und in den öffentlichen Bereich gehört?

    Meine ASS Diagnose ist nun ca. einen Monat her. Mein Lebensgefährte ist im Bilde und versucht mich zu unterstützen und meinen Umgang damit zu fördern.

    Meine Eltern jedoch wissen noch von nichts.

    Sie haben meine Erzählungen, von meinen vorherigen Diagnosen (ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung, Hochsensiblität und Borderline) zwar angehört, jedoch kein großes Interesse daran gezeigt, was diese Diagnosen bedeuten. Werder noch ob sie mich ein wenig unterstützen können oder ob sie einen kleinen Leitfaden (falls man es so nennen kann) bekommen können, wie sich nun der Umgang mit mir besser gestalten könnte.

    Mein Vater hat generell mit sich und seiner schwierigen Persönlichkeit genug zu tun, das weiß er auch und meine Mutter geht allen Schwierigen und Dingen/Situationen die Umstände bereiten, aus dem Weg und wart gerne ihre heile Welt.

    Jedoch gibt es bei uns immer schon und ständig Diskrepanzen. Im Bezug auf Ansichten, Lautstärken, Lebensphilosophie usw. Sodass es sich im Laufe der Jahre sehr zugespitzt hat und ich gerne mit ihnen über die neue, zusammengefasste, Diagnose sprechen möchte.

    Meine Eltern triggern mich ständig mit Überfällen in der zeitlichen Planung/ Beanspruchung, zwingen mir Marotten von der "allgemeinen Gesellschaft' und deren Benimm auf, überfluten mich mit einer Masse an städig wechselnden allgemeinen Gesprächsthemen, wenn man sich trifft und nehmen in keiner Weise Rücksicht, auf meine Empfindlichkeit, gegenüber sämtlicher äußeren Reitze. Das es mir irgendwann einfach zu viel ist.

    Ich hoffe es kommt nicht so rüber, dass ich von ihnen sämtliches Verständnis erwarte oder vorraussetze, dass sie ab jetzt auf vieles zu achten haben!? Ich erhoffe mir nur etwas mehr Verständnis dafür, sein zu dürfen wie ich bin, ohne dass es mir ständig vorgehalten und zum Vorwurf gemacht wird. Ich wünsche mir von ihnen einfach ein wenig Interesse an den Gründen warum ich so bin wie ich bin und warum ich manchmal reagiere, wie ich reagiere.

    Mehr möchte ich gar nicht ?( !

    Hat jemand von Euch Erfahrungen, was solche Diagnose "Outings" angeht oder kennt jemand vielleicht sogar die gleichen Punkte in der Familie, an denen man häufiger aneckt, als ASS Diagnostizierte/r?

    Ich würde mich sehr über Eure Ergahrungsberichte und vielleicht die eine oder andere Anregung, für das noch ausstehende Gespräch, mit meinen Eltern freuen :)

    Ich wünsche mir einfach, dass wir in der Familie besser zusammen zurecht kommen

    Viele Grüße,

    Lotte

  • Eins vorweg.

    Ich habe keine Diagnose, unser Sohn ist Autist und ich habe Freundinnen mit der Diagnose Asperger.

    Die Diagnose von unserem Sohn wird von der Familie ( Oma,Opa, Tante, Onkel…..) nicht wirklich beachtet.

    Das heißt, entweder gehen sie ihm aus dem Weg oder tun so als ob nichts wäre.

    Unsere Familie hat auch so ihre eigenen Baustellen.

    Lange haben wir versucht alles „richtig“ zu machen um ein angenehmes Verhältnis zu haben.

    Die Zeit hat uns gelehrt, das geht nicht. Wir können nichts richtig machen.

    Also haben wir angefangen unser Leben zu leben. Wenn jemand Hilfe braucht bekommt er die, aber wir lassen uns nicht mehr runterziehen. Da gehen wir auf Abstand.

    Meiner Psyche tat und tut es sehr gut.

    Lotte , brauchst du den Kontakt zu deinen Eltern?

    Die Asperger die ich kenne haben eher selten positiven Familienanschluss.

    Sie haben Freunde, die sie nehmen wie sie sind.

  • Lotte

    Ich denke es geht vielen ähnlich mit solchen Erfahrungen.

    Und ich denke auch dass es häufig und verständlich ist nach dem man quasi eine Antwort für vieles hat, dass man so endlich auf Verständnis stößt.

    Du solltest natürlich Deinen Eltern dann davon erzählen, wenn es sich für Dich richtig anfühlt.

    Da ich aber nur von meinen Erfahrungen geprägt bin kann ich nur aus meiner Erfahrung und Perspektive sprechen.

    Ich würde es heute dann erzählen, wenn ich innerlich nichts mehr erwarte an Reaktionen ausser dass ich meine Eltern informiere.

    Das kann in Deinem Fall natürlich anders sein aber es ist zumindest nicht schlecht sich bewusst zu sein, dass die Möglichkeit besteht dass auch diese Diagnose die ähnlichen Reaktionen bewirken 'könnte' wie die Diagnosen davor.

    Ich drücke Dir die Daumen dass es sich alles in Deinem Interesse entwickelt. Verkehrt ist es allerdings nicht die Diagnose selber einmal soweit sacken zu lassen, dass man mit allen möglichen Reaktionen selber gut klar kommt.

    Ich wünsche Dir viel Glück bei Deinem Gespräch mit Deinen Eltern!

  • Hallo Meditie

    vielen herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort. Der Weg, den ihr eingeschlagen habt, klingt nach einer sehr angenehmen Lösung für alle Familienmitglieder. Was mich sehr für Euch freut!

    Ich bekomme von meiner Familie nur Unterstützung was externe Probleme angeht. Familiäre Probleme wurden schon seit meiner Kindheit stets umgangen. Ich war als 7Jährige schon einmal in psychotherapeutischer Behandlung, in der meine Eltern dazu angehalten wurden, mehr auf mich und meine Bedürfnisse ein zu gehen und sollten lernen, mit mir über Probleme und Bedürfnisse zu reden. Da ich damals sehr ruhig und introvertiert war und mich nicht wirklich mitteilen konnte, indem was ich möchte und mir wünsche. Kurzzeitig wurde an der Bitte der Psychologin festgehalten. Jedoch 1-2 Jahre danach wurde dieser Rat wieder verworfen. Warum wissen meine Eltern selber nicht.

    Heute ist es häufig so, dass ich Handlungen, Entscheidungen und Aussagen von ihnen hinterfrage, um sie besser zu verstehen, und ich erhalte darauf keine für mich aussagekräftigen Begründungen. Nur Aussagen wie "...weil es nun mal so ist" oder auch "...das macht man nunmal so" Diese Aussagen triggern mich leider ein jedes Mal, was mich sehr belastet. Darauf folgend, wie auch in weiteren Situationen, gibt es dann oft Streit, was ich auch nicht möchte.

    Mein Wunsch, mit meinen Eltern über meine Diagnose zu sprechen, kommt daher, dass ich mir ein wenig Verständnis für meine Reaktionen erhoffe. Sie sollen sie nicht gut heißen, sich nur vielleicht etwas mehr Zeit für mich und ihre Antworten an mich nehmen und bei Nachfragen nicht sofort aus ihrer Haut fahren. Einfach dass man sich vielleicht in allem etwas entgegen kommen könnte? Sodass das Miteinander etwas harmonischer wird.

    Meditie danke für Deine Nachfrage. Meine Eltern/Familie und mein Lebensgefährte sind meine fast einzigen sozialen Kontakte. Da Freundschaften bei mir leider nie lange halten. Wo ich sehr drunter leide. Demnach bedeutet der Kontakt zu meinen Eltern etwas für mich. Auch wenn ich zu ihnen leider keine sehr intensive emotionale Bindung habe.

  • Sätze wie "...weil es nun mal so ist" oder auch "...das macht man nunmal so" , kenne ich leider auch.

    Wenig hilfreich.

    Leider haben sie das nie eingesehen.

    Wäre es vielleicht eine Hilfe ,Unterstützung von außen, für das Gespräch mit deinen Eltern zur Aufklärung zu holen?

    Dein Lebensgefährte und jemanden der sich mit Autismus auskennt. Das das Gespräch in einem ruhigen Rahmen stattfindet.

  • Mit dem Mitteilen von Diagnosen habe ich eigentlich keine sinnvollen oder gar guten Erfahrungen gesammelt.

    Ich handhabe es lieber so, dass ich konkret beschreibe, was ich absolut nicht mag (z.B. Berührungen, Umarmungen, Lärm, helles Licht) und womit ich Schwierigkeiten habe (mündliche Kommunikation). Jeder Mensch hat Vorlieben oder mag irgendwas nicht, also setze ich mich damit nicht gleich komplett außerhalb der Gesellschaft. Aber ich beschreibe konkret, was ich im Umgang miteinander nicht möchte.

    Heute ist es häufig so, dass ich Handlungen, Entscheidungen und Aussagen von ihnen hinterfrage, um sie besser zu verstehen, und ich erhalte darauf keine für mich aussagekräftigen Begründungen. Nur Aussagen wie "...weil es nun mal so ist" oder auch "...das macht man nunmal so"

    Also entweder wissen sie es selbst nicht oder haben sich nie Gedanken darüber gemacht. Früher hat man ja generell weniger hinterfragt und die ältere Generation macht viel, was man schon immer gemacht hat und so wie man es schon immer gemacht hat.

  • Hallo! JelDo

    vielen herzlichen Dank für die Schilderung Deiner persönlichen Erfahrungen!

    So wie Du Deine Schlussfolgerung geschildert hast, so habe auch ich es bis jetzt erfahren. Ich teile mich mit und es fühlt sich für mich, wie reine Informationsgabe an, ohne Resonanz.

    Demnach sind meine Erwartungen an meine Eltern, was diese Diagnose betrifft, auch eher gering.

    Eine gute Idee von Dir ist, mir mit dem Gespräch zu meinen Eltern, die Zeit zu lassen die ich brauche. Da ich die Diagnose selber gerade noch verarbeite. Weil ehrlich gesagt, obwohl ich an dieses Gespräch keine großen Erwartungen habe, habe ich Sorge, dass ich doch irgendwie erneut enttäuscht werde.

    Ich wünsche mir einfach nur ein wenig Verständnis dafür, dass ich so bin wie ich bin. Das man mich so annimmt und meine Reaktionen/Fragen nicht direkt als einen Aufhänger für den nächsten Streit nimmt. Ich Versuche mit meinen Fragen einfach nur zu verstehen...und meine Eltern glauben immer, auch wenn ich ihnen das Gegenteil sage, dass ich sie mit dieser Fragerei "veräppele". Was aber definitiv nie der Fall ist!

    Danke JelDo für Deine herzlichen Wünsche bezüglich des Gesprächs mit meinen Eltern und der Entwicklung, mit meiner neuen Diagnose. Darüber habe ich mich sehr gefreut :)


    Meditie Deine Idee mit meinem Lebensgefährten klingt sehr gut, vielen Dank dafür!

    Darauf kann ich ihn die Tage mal ansprechen, wenn ich mir selber im Kopf, zusammen gestellt habe, wie ich mir das Gespräch wünschen würde.

    Eines der Hauptprobleme ist nun leider, dass mein Vater, immer in allem sein Tempo und seine Struktur vorgibt. Er unterbricht ständig, stellt Aussagen in Frage und lässt selten Aussagen, unausdiskutiert so stehen. Gegen ihn habe ich mich noch nie durchsetzen können, was mir zusätzlich sehr zu schaffen macht.

    Aber vielleicht schaffe ich es ja mit meinem Lebensgefährten zusammen! Er kennt meinen Vater ja auch und weiß wie er tickt.

    Meditie ich danke Dir auf jeden Fall sehr für Deinen helfenden Rat :)


    Garfield vielen Dank für Deine Rückmeldung und Schilderung Deiner Erfahrungen!

    Ich habe es auf diesem Wege auch schon versucht und habe kommuniziert, was mir nicht gut tut und was ich nicht mag.

    ...beim Zusammensitzen lautes Fernsehen.

    ...zu viele Gesprächspartner auf einmal

    ...Berührungen (außer von meinem Partner)

    ...generelle gemeinsame Essenssituationen

    ...Einkaufszentren, Menschenmengen

    ...zu viele Gerüche, wie in einem Restaurant

    ...wenn Essen sich auf dem Teller berührt

    usw.

    Jedoch sind diese Äußerungen/Wünsche nach Akzeptanz bisher bei meinen Eltern auf Ablehnung gestoßen.

    Es wird gesagt "...das machen andere doch auch so, warum kannst du das nicht einfach" oder "...wir können nicht ständig auf dich Rücksicht nehmen" und zum Beispiel "...du kannst doch nicht zu dem Geburtstag absagen, nur weil wir essen gehen!?" Ich erwarte ja bei weitem nicht, dass alles berücksichtigt wird. Das wäre nicht fair. Jedoch selbst als ich um die 5 wichtigsten "No Go's" gebeten habe, war es schon zu viel. Ich solle mich nicht so anstellen, andere sehen da ja auch kein Problem.

    Als einmal, da war ich 17, eine Garderobe für eine Hochzeit ausgesucht wurde, wurde ich komplett mit allem beladen, was "man" anscheinend so trägt. Eine Tasche, eine Jacke, Kette, Kleid, Gürtel, Armreifen usw. ....ich war völlig überfordert und wollte das alles nicht, weil es kratzte, zu viel war und mich eingeengt hat. Es gab einen riesen Streit im Geschäft, warum ich immer so schwierig sei. Ich hab mich umgezogen und wollte nicht mehr aus der Kabine...

    Meine Eltern orientieren sind unbeschreiblich an ihrem Umfeld. Ich verstehe nicht warum?

    Ob sie selber nicht wissen warum sie etwas wollen? Garfield da kannst Du vermutlich recht haben!? Sie folgen ständig, sämtlichen Trends und was ihr Umfeld so macht. Ob sie es aber selber wirklich wollen, kann ich nicht beurteilen/mir vorstellen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Lotte (12. November 2023 um 19:11) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Lotte mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Hallo Lotte

    Ich habe meine Diagnose sofort vor zwei einhalb , als ich sie erhielt auch meiner Familie mitgeteilt.

    Ich habe kaum Bindung zu meiner Familie.

    Meine Schwester finde ich ganz nett. Sie hat es auch sofort angenommen, ohne Zweifel.

    Meinen Sohn mag ich.

    Mein Sohn meinte die Diagnose stimmt nicht. Nach ein paar Wochen sagte er , o, doch, sie stimmt. Er hat sich damit beschäftigt.

    Meine Mutter sagt jetzt erst , nach zwei einhalb Jahren, sie versteht.

    Das finde ich schon gut. Kontakt zu haben schaffe ich trotzdem nicht, aber es tut mir gut, das Verständnis.


    Ich kann zu dem Thema noch sagen, dass ich nicht verstand, wie man mich nicht verstehen kann. Es war für mich ein langer Lernprozess, und das, obwohl ich kein Einzelfall mit Autismus in meiner Familie bin.

    Es war Akzeptanz, auf beiden Seiten nötig, und das Lernen dessen.

    Hopps

    Liebe Grüße sagt Klarissa 👋🏻

  • Hallo! KlarissaKunst

    Vielen Dank für deine Antwort und dass ich an Deiner Erfahrung, mit diesem Thema, Teil haben darf 🙂

    Ich verstehe Dich gut, dass Dir das Verständnis gut tut. Da würde es mir genau so gehen und ich wäre, um das reine Verständnis, sehr froh.

    Ich freue mich auf jeden Fall sehr für Dich, dass es bei Dir einen positiven/zufrieden stellenden Ausgang hatte!

    Das macht mir ein wenig Mut, dass ich vielleicht auch, auf kurz oder lang, Verständnis von meinen Eltern bekommen könnte :)

    Vielen Dank dafür !

    Liebe Grüße!

    Lotte

  • Hallo Lotte,

    da meine Mutter in die Diagnostik miteinbezogen war, wusste sie seitdem im Prinzip Bescheid. Richtig verstanden hat sie es aber nicht, obwohl sie früher sehr an psychologischen Themen interessiert war und viel dazu gelesen hat. Ihre Kenntnisse zu Autismus waren aber von schweren Ausprägungen mit Intelligenzminderung, bestenfalls Inselbegabung und vom "Kühlschrank-Mutter"-Mythos geprägt. Ihre erste Frage nach der Diagnose war beispielsweise, was denn dann meine "Spezialbegabung" wäre.

    Meine Eltern triggern mich ständig mit Überfällen in der zeitlichen Planung/ Beanspruchung, zwingen mir Marotten von der "allgemeinen Gesellschaft' und deren Benimm auf, überfluten mich mit einer Masse an städig wechselnden allgemeinen Gesprächsthemen, wenn man sich trifft und nehmen in keiner Weise Rücksicht, auf meine Empfindlichkeit, gegenüber sämtlicher äußeren Reitze. Das es mir irgendwann einfach zu viel ist.

    Stakkatoartig auf mich einprasselnde neue Gesprächsthemen kenne ich auch von meiner Mutter. Obwohl sie wusste, dass mich das stresst, konnte sie nicht damit aufhören. Ich vermute eine Mischung aus dem Wunsch, aus der als zu kurz empfundenen gemeinsamen Zeit das Maximum herausholen zu wollen, beginnender Demenz und möglicherweise einem Schuss ADHS (was sie bei sich selbst vermutet hat). Sie konnte einfach nicht anders, und so war es immer sehr anstrengend bei ihr, weshalb ich sie nicht annährend so häufig besucht habe, wie sie es gewünscht hat. Trotzdem wissen wir gegenseitig, dass wir uns wichtig sind.

    Es wird gesagt "...das machen andere doch auch so, warum kannst du das nicht einfach" oder "...wir können nicht ständig auf dich Rücksicht nehmen" und zum Beispiel "...du kannst doch nicht zu dem Geburtstag absagen, nur weil wir essen gehen!?" Ich erwarte ja bei weitem nicht, dass alles berücksichtigt wird. Das wäre nicht fair. Jedoch selbst als ich um die 5 wichtigsten "No Go's" gebeten habe, war es schon zu viel. Ich solle mich nicht so anstellen, andere sehen da ja auch kein Problem.

    Wenn du nicht teilnehmen willst oder kannst an einem Geburtstag im Restaurant, dann könnt ihr euch doch einfach separat treffen, was spricht dagegen? So müssten sie null Rücksicht nehmen, und ihr könntet trotzdem Zeit zusammen verbringen.

    Kann es sein, dass euch bei der Problematik auch noch eine nicht vollständige Ablösung aus dem Eltern-Kind-Verhältnis im Wege steht? Also, dass deine Eltern dich weiterhin zumindest partiell als unmündiges Kind behandeln und erziehen wollen?

  • Hallo! Shellfish

    Vielen Dank für deine sehr ausführliche und auch informative Antwort auf mein Thema!

    Deine Antwort hat mir sehr interessante Einblicke in die Problematik zwischen Diagnostizierten und Angehörigen geben.

    Ich habe die Vermutung, dass es bei mir ähnlich ablaufen könnte wie bei dir. Dass sie es nicht richtig verstehen werden. Bei meinen ersten, vorherigen Diagnosen, war es jedenfalls so.

    Da fielen bei meinen Eltern Sätze wie, "...du hochsensibel? Niemals, du bist einfach nur empfindlich und störst dich an zu vielem." Oder bei der Borderline Diagnose "....Aha, also sind wir schuld, dass es jetzt so ist!? Das ist doch bei Borderline so!? Dann wäre der Zug ja eigentlich abgefahren (RW)!?"

    Sie haben sich an Infos entlanggehangelt, die sie mal aufgeschnappt hatten und waren dann bedient.

    Vom Prinzip her könnte der "Kühlschrank-Mutter"-Mythos auch bei meinen Eltern als Erklärung fallen, nur den kennen sie denke ich nicht. Aber mit der Inteligenzminderung, könnte ich mir schon vorstellen, dass sie es ansprechen und sofort ausschließen werden und somit auch diese Diagnose. Ich finde so etwas schade, aber ändern könnte man es nicht.

    Die auf mich einprasselnden Gesprächsthemen, haben bei meinen Eltern glaube ich, den gleichen Hintergrund, wie du bei deiner Mutter vermutest. Sie sprechen von zu wenig Zeit und man sehe sich zu selten. Aber dass mich solche Anhäufungen von wechselnden Themen stressen, wissen meine Eltern auch. Aber sie ändern da nichts dran, leider. Ich wünsche mir einfach nur ein wenig Rücksicht, bei der Geschwindigkeit und dem Themenwechsel. Ich brauche dann ja auch immer meine Zeit, bis ich darauf reagieren und antworten kann. Dann geht es meist schon zum nächsten Thema.

    Ich bin ehrlich, du hast mit der Vermutung, dass eine nicht vollständige Lösung von der Eltern-Kind Beziehung noch besteht, glaube ich recht. Was auch die Distanz zwischen uns erschwert. Wenn ich nicht einmal am Tag anrufe, vermuten sie direkt, dass etwas passiert sein könnte. Meine Eltern sagen sogar noch, "...heute kommt uns unser Kind besuchen." Oder geben mir in allem Ratschläge und Verbesserungsvorschläge. Was mich wirklich stresst. Ich habe jahrelang hart an mir gearbeitet um möglichst selbstständig und verantwortungsvoll zu werden und um in der Welt so zurecht zu kommen wie ich bin. Aber das merken sie nicht wirklich.

    Es ist wirklich schwierig mit Eltern die sich keine Zeit dafür nehmen, ihre "Kinder" zu verstehen. Wenn mir ein Hindernis, Problem oder eine Hürde begegnet, fokussiere ich mich so lange auf die Lösung, bis ich sie gefunden habe. Ich wünschte mir von dieser Herangehensweise hätten meine Eltern auch ein wenig. Dann könnte man ein Mittelmaß erarbeiten, mit dem alle gut zurecht kommen.

    Ich danke dir Shellfish auf jeden Fall sehr für deine Antwort. Sie hat mir noch die eine oder andere Idee und Anregung an die Herangehensweise, des Gesprächs über die Diagnose, gegeben :)

  • Hallo an alle und hallo Lotte !

    Ich weiß der Thread ist nun etwas älter, aber ich wollte trotzdem mal ein paar meiner Erfahrungen teilen und auch nachfragen, wie es mittlerweile bei dir ausschaut. Konntest du mit deinen Eltern sprechen und war die Reaktion in Ordnung?

    Ich habe meine Verdachtsdiagnose auch erst vor etwa einem Monat erhalten und habe meinen Eltern sofort davon erzählt. Wir haben grundsätzlich eine sehr offene und herzliche Beziehung zu einander und ich habe relativ viele gesundheitliche Probleme und diese sind auch nie ein Problem gewesen.

    Leider merke ich bei der ASS-Diagnose, dass meine Eltern zwar versuchen Verständnis aufzubringen, aber sie an jedem Symptom und an jeder Info die ich Ihnen dazu gebe, versuchen eine "Ausrede" zu finden, weshalb es doch "normal" ist.

    Sprüche wie : "Das denkt doch jeder mal, das muss nicht ASS sein", oder "...es gibt viele Menschen die laute Geräusche nicht mögen." kommen dann häufiger zum Einsatz.

    Ich versuche Ihnen zu erklären, dass es ja nicht nur um das Nicht-mögen selber geht, sonder die Reaktion des Körpers darauf.

    Aber dann kommt meist die Antwort. "Aber da muss man sich halt überwinden.", oder der Klassiker: "Da muss man gegen ankämpfen." Da krieg ich jedes mal die Motten, wenn ich das höre.

    Gerade gestern hatte ich wieder eine Diskussion zum Thema Noise-Cancelling Kopfhörer. Ich hab sie mir gekauft, beim Einkaufen ausprobiert und war das erste Mal seit laaaaaanger Zeit entspannter beim Einkauf und habe mich von der Geräuschkulisse nicht bedrängt und gestresst gefühlt. Leider hat meine Mutter das überhaupt nicht verstehen können. (Dass ich schon als Kind einkaufen gehen vermieden habe wo es nur ging und äußerst schlechte Laune hatte, wenn ich dann doch musste, scheint sie irgendwie vergessen zu haben:))

    Also was ich damit sagen möchte ist, dass selbst wenn das Verhältnis zu den Eltern grundsätzlich gut ist und es eigentlich keine Probleme bei der Kommunikation oder Offenheit und Akzeptanz gibt, leider die ASS-Diagnose bei Menschen oft noch als schlechtes Label angesehen wird und dadurch zu Widerstand und dem Problem zwischen Angehörigen und Diagnostizierten führen kann.

    Daher denke ich nicht, dass es den perfekten Weg gibt der Familie oder Freunden darüber zu berichten und ich denke auch nicht, dass es die perfekte Reaktion darauf geben wird. Die einen werden auf cool tun und nichts ändern, die anderen werden dich wie ein Kind behandeln und dir alles abnehmen wollen, wieder andere werden anfangen dich zu meiden, weil sie keine Ahnung haben werden, was sie mit ASS anfangen sollen und selber Angst haben werden, etwas falsch zu machen. Die goldene Mitte zu finden wird extrem schwer sein.

    Mein Motto ist meist: Augen zu und durch:)

    Das Resultat wird dann so sein wie es sein wird und leider können wir es nicht kontrollieren (wäre es nicht toll wenn wir das könnten:)) und die Reaktion anderer Menschen ist nicht unsere Schuld. Das fange ich jetzt langsam an, nach vielen schlechten Erfahrung, zu lernen.

    Viele Grüße an alle!

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